Wurzelwerkstatt: Bildung, Naturschutz und Gemeinschaft
Wer wir sind
Die Wurzelwerkstatt ist die Schulgarten-AG der Christine-Brückner-Schule in Bad Emstal. Hier engagieren sich ab dem Schuljahr 2025/26 insgesamt 15 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 4 bis 6. Unterstützt werden sie von acht Jugendlichen aus dem Wahlpflichtkurs „Garten- und Landschaftsbau“ der Jahrgänge 9 und 10. Gemeinsam bilden sie ein starkes Team: Hand in Hand gestalten sie den Schulgarten neu, pflegen ihn kontinuierlich und entwickeln ihn Schritt für Schritt zu einem lebendigen „grünen Klassenzimmer“ weiter.
Unser Garten – Lernort, Begegnungsraum, Naturerfahrung
Einst ein Aushängeschild der Schule, war der Garten in den letzten Jahren fast in Vergessenheit geraten und wurde nur noch selten von Schülerinnen und Schülern genutzt. Im Frühjahr 2025 setzten Schulleiter Ulf Imhof, Lehrer Julian Höfner und eine Gruppe engagierter Schülerinnen und Schüler der fünften Klassen ein Zeichen: Mit Schaufeln und Schrauben schufen sie neue Rahmenbeete, jäteten und pflanzten. Im Hintergrund wurden derweil Kontakte zu Politik, Handwerk und regionalen Naturschutzverbänden aufgebaut, eine kurseigene Webseite (www.wurzelwerkstatt.schule) zur Dokumentation von Projekten und Ideen programmiert und über die verstärkte Einbindung des Schulgartens in die Curricula verschiedener Fächer getagt. So legten sie den Grundstein für eine neue Schulgartenkultur mit dem Ziel, den Garten ab dem Schuljahr 2025/26 fest im Schulleben zu verankern – als Lernort, Begegnungsraum und Naturerfahrung gleichermaßen.
Unser Anliegen – Naturschutz leben
Unser zentrales Anliegen ist es, Kinder und Jugendliche für die Natur zu begeistern. Naturschutz beginnt für uns nicht erst im großen politischen Raum, sondern direkt vor der den Schultoren, mit den eigenen Händen. Dazu holen wir die Schülerinnen und Schüler aus dem Klassenzimmer hinaus ins Freie und lassen sie die Vielfalt des Lebens im Garten mit allen Sinnen erleben. Sie beobachten Regenwürmer im Beet, pflanzen und verkosten Gemüse, pflegen unsere Schulziegen Lola und Snickers und gestalten ökologische Lebensräume. Dies alles sind einfache aber prägende Erfahrungen, die Neugier wecken und den Grundstein für eine dauerhafte Naturverbundenheit legen. Wir sind überzeugt: Wer Natur erlebt, wer sieht, wie Pflanzen wachsen und Tiere leben, wer die Kreisläufe des Lebens selbst erfährt, entwickelt Verantwortungsbewusstsein und wird zum Multiplikator für ökologisches Handeln. Wir wollen Augen und Ohren öffnen und Gehör finden – in der Schulgemeinschaft, in der Nachbarschaft und in der gesamten Gemeinde. Naturschutz will gelernt sein, doch noch wichtiger: Naturschutz will gelebt werden. So macht die Wurzelwerkstatt aus kleinen Beobachtungen im Beet große Erfahrungen fürs Leben – und aus unseren Schülerinnen und Schülern engagierte Botschafterinnen und Botschafter für Natur und Nachhaltigkeit. Der Zugang ist dabei niederschwellig genug, um jede/n mitzunehmen: naturnahes Gärtnern.







Gärtnern im Einklang mit der Natur
Als grobe Richtschnur für unsere Aktivitäten im und um den Garten dienen uns die Prinzipien der Permakultur. Sie steht für ein dauerhaftes, stabiles System des Gärtnerns, das Vielfalt fördert, Ressourcen schont und natürliche Abläufe nachahmt. Ziel ist ein Garten, der sich weitgehend selbst trägt und zugleich ein Lernort für Beobachtung, Verantwortung und Kreativität ist.
- Vielfalt statt Monokultur – durch Mischkulturen und eine Kombination von Nutz- und Blühpflanzen fördern wir Artenvielfalt und Widerstandskraft. Wir schaffen neben unseren Projekte Habitate für verschiedenste Insekten und Vögel und lassen der Natur an anderen Orten freien Lauf. So bleiben einige Ecken im Schulgarten bewusst unangetastet und wild.
- Kreisläufe statt Abfall – Kompost, Regenwassernutzung und der bewusste Umgang mit Ressourcen halten Nährstoffe im System. Wir mulchen mit Laub und Schafs- und Alpakawolle aus dem nächsten Umfeld der Schule und Düngen mit selbst angesetzter Jauche. Daneben setzen wir verschiedenste Upcycling Projekte um – ganz nach dem Motto „One man’s trash is another man’s treasure“.
- Langsame aber langfristige Lösungen – wir setzen auf Geduld, beobachten Entwicklungen und bauen Bodenfruchtbarkeit Schritt für Schritt auf. Was wir anlegen, ist auf Dauer ausgelegt – ob Insektenhotel oder Komposthaufen. Die Schülerinnen und Schüler erkennen im Verlauf des Gartenjahres, dass nachhaltiges Wirtschaften und langfristige Planung eine ganz eigene Qualität haben – und erfahren einen direkten Konterpunkt zu ihrem durch die Schnelligkeit sozialer Medien geprägtem Leben.
- Beobachten, anpassen und genießen – der Garten wächst mit unseren Erfahrungen; wir dokumentieren, lernen und gestalten ihn immer wieder neu. Dabei begreifen wir uns als aktives Element im Garten – neben vielen anderen. Schließlich bietet diese grüne Oase auch uns einen Rückzugsort vom hektischen Schulbetrieb und Sozialstress auf dem Schulhof. Bereits heute ist der Schulgarten zu einer wichtigen Stütze im Alltag vieler Schülerinnen und Schüler und Kolleginnen und Kollegen geworden.
- Jedes Element erfüllt mehrere Funktionen – ein Rahmenbeet liefert nicht nur Gemüse, sondern schafft auch Lebensraum für Insekten, dient als Anschauungsobjekt im Unterricht und stärkt Teamarbeit beim Bauen und Pflegen. Unser Bauwagen ist Werkzeuglager, Treffpunkt, und Unterrichtsraum zugleich. Seine Solarpaneele speisen den Elektrozaun der Ziegen und seine Regenrinnen die angebrachten IBC Container. Der geplante Staketenzaun soll zu gleichen Teilen als Habitat, Rankgerüst und Schutz der Schülerinnen und Schüler vor der angrenzenden Straße dienen.
- Engagement über die Beetgrenzen hinaus – Einen Großteil unserer Ernte spenden wir über einen give-away Stand an die Nachbarschaft oder an einen Hauswirtschaftskurs der Christine-Brückner-Schule. Darüber hinaus wollen wir verschiedenste Projekte und Aktionen mit Kindergärten oder Seniorenheimen im Ort verwirklichen, Müllsammelaktionen in der Nachbarschaft planen und mit der Aktion „tief verwurzelt in Bad Emstal“ all jenen Danke sagen, die sich für die Gemeinde einsetzen. Somit fördern wir Gemeinschaft, Wertschätzung für Naturprodukte und gemeinschaftliches Handeln.
Mit diesen Leitlinien wird unser Schulgarten zum lebendigen Beispiel dafür, wie Naturpflege, Nachhaltigkeit und Bildung zusammenfließen können, wie Kontakt zwischen jung und alt und Experten und Novizen gelingen und eine Gemeinschaft über das Schulumfeld hinaus entstehen kann.
Projekte und Aktionen im Sinne des Naturschutzes und der Gemeinschaft
Es ist beachtenswert, wie sehr sich der Schulgarten seit dem Frühjahr 2025 gewandelt hat und das, wo doch erst seit Beginn des Schuljahres 2025/2026 mit der AG Wurzelwerkstatt ein offizieller Rahmen für unsere Tätigkeiten geschaffen wurde. Alles bislang Erreichte ist durch persönliches Engagement der beiden Betreuer, immer wieder wechselnde freiwillige Schülergruppen und zahlreiche Freunde und Förderer entstanden. Da wir noch am Anfang unserer Arbeit stehen, ist die Liste unserer Vorhaben entsprechend lang.
Bereits umgesetzt:
- Bau von Beeten Mit Beginn des Schuljahres 2025/2026 verfügt die Wurzelwerkstatt über insgesamt 33qm Anbaufläche in Rahmenbeeten. Diese Beete inklusive einiger Rankgerüste wurden größenteils von Schülerhand erbaut.
- Dank zweier IBC Tanks die durch Regenwasser gespeist werden, müssen wir kein Wasser von Außen für unsere Pflanzen und Ziegen in Anspruch nehmen.
- Umsiedlung von Lola und Snickers in den Schulgarten: Zum April diesen Jahres durften Schülerinnen und Schüler des fünften Jahrgangs zwei besondere Gäste in den Schulgarten überführen. Die Ziegen Lola und Snickers finden in den Sommermonaten ihr Quartier in zwei Gehegen im Schulgarten, bevor sie im Herbst wieder zum Naturfreundehaus in Bad Emstal übersiedeln. Ein freiwilliger Ziegendienst in den fünften Klassen achtet dabei auf die Instandhaltung der Gehege und die Versorgung und Pflege der Tiere.
- Die AG Wurzelwerkstatt hat in ihren ersten Stunden Totholzhaufen als Igelquartier errichtet und ist mit Pieken und Eimern ausgestattet durch die Nachbarschaft gezogen, um Müll einzusammeln.
- Der Wahlpflichtkurs Garten- und Landschaftsarchitektur hat eine Kompostanlage und eine Natursteinmauer als Unterschlupf für Insekten und Eidechsen errichtet.
- Glückliche Fügung bescherte der Wurzelwerkstatt einen give-away Stand, über den überschüssige Ernten der Nachbarschaft gespendet werden. Dieser Stand wird so gut angenommen, dass wir mit dem Ernten kaum hinterher kommen. Besonders erfreulich: Mittlerweile finden sich auch Erzeugnisse der Nachbarn in unseren Körben – als Geschenk für die Gemeinde. Die Wurzelwerkstatt geht als gutes Beispiel voran und viele folgen ihr. So entsteht echte Gemeinschaft im Stadtteil.
In Umsetzung:
- Instandsetzung der Insektenhotels: Einige Insektenhotels des Schulgartens sind in die Jahre gekommen. Derweil sind wir auf der Suche nach geeigneten Materialien zur Instandsetzung.
- Patenaktion für unseren Staketenzaun, Lernpfad und Nistkästen: Einige Projekte sind zu groß, um sie alleine zu stemmen – insbesondere in finanzieller Hinsicht. Für die Errichtung eines 60m langen Staketenzauns um einen Teil des Geländes und den Bau eines Lernpfades mit integrierten Nistplätzen für Singvögel sammeln wir gegenwärtig Spenden. Als Dankeschön bieten wir Erntebeteiligungen, Bastelarbeiten aus der Wurzelwerkstatt und Vogelbeobachtungen in Newsletterform.
- Der Garten gehört in die Hand der Schüler. Mit Start der Anbausaison 2026 können sich die Klassen der Christine-Brückner-Schule um ein Rahmenbeet bewerben, das sie selbst bewirtschaften können. Die Wurzelwerkstatt stellt Samen, Anzuchttöpfe und Expertise über das Gartenjahr hinaus.
- Die kurseigene Webseite www.wurzelwerkstatt.schule dient bereits jetzt der Dokumentation unserer Ideen, Projekte und Einstellungen. Darüber hinaus soll sie in den Wintermonaten von den Schülerinnen und Schülern der Wurzelwerkstatt mit Berichten, Fotoreportagen und Recherchen zum Gemüseanbau und Permakultur bespielt werden. Somit erfährt der Kurs in der kalten Jahreszeit eine komplett andere Gangart: Nun geht es um Webdesign, Verfassen von journalistischen Texten, Fotografieren und Videobearbeitung. Das Ziel bleibt dasselbe wie im Garten: Zu lernen, zu staunen und Naturschutz größere Öffentlichkeit zu verschaffen.
- Curriculare Einbindung des Schulgartens: Die Möglichkeiten, den Schulgarten in die schulinternen Lehrpläne der verschiedenen Fächer einzubinden, sind nahezu grenzenlos. Bereits jetzt führt die Grundstufe ein Kartoffel-Projekt in den Beeten der Wurzelwerkstatt durch – vom Setzen der Saatkkartoffeln, über die Ernte bis zur Küche. Wir planen bereits jetzt den Anbau von Färberdisteln für den Kunstunterricht und überlegen gemeinsam mit den Naturwissenschaften, welche Inhalte über unseren Lernpfad vermittelt werden sollen. Für das Fach Mathematik ist die Dokumentation von Wachstumsverläufen, die Berechnung von Beetflächen und die Untersuchung geometrischer Muster in der Natur wie die Fibonacci-Folge in Blüten angedacht. Hauswirtschaftskurse dürfen auf unsere Ernte zurückgreifen und im Gesellschaftsunterricht sollen konventionelle Supermarktprodukte mit unseren Bioprodukten aus dem Schulgarten verglichen werden.
In Planung:
- Die Eierwerkstatt: Wir möchten Eier von glücklichen Hühnern – und wo sollten sie glücklicher sein als in der Wurzelwerkstatt? Die Eierwerkstatt erfordert besonders langfristige Planung und ein ausgeklügeltes Finanzierungskonzept und soll daher erst ab dem Jahr 2027 umgesetzt werden.
- Die Würmerwerkstatt: Wir möchten in einer Würmerkiste Vermikompost und Wurmtee zum Düngen unserer Beete herstellen. Inwiefern wir diesbezüglich mit der Schulcafeteria kooperieren können, wird derzeit geprüft.
- Die Sporenwerkstatt: Wir möchten Austernseitlinge und Champignons auf verschiedenen Substraten anbauen und unser Wissen auf die Mykologie ausweiten.
- Die Wollwerkstatt: Bislang dürfen wir einen Teil der Wolle einer ansässigen Alpakaherde zum mulchen unserer Beete nutzen. In Zukunft soll die Wurzelwerkstatt beim Scheren der Tiere dabei sein und aus der Wolle Naturprodukte aus eigener Hand herstellen.
- Wir möchten ein Sandarium für unsere Wildbienen und eine kleine Teichanlage anlegen.
- Wir möchten Samenbomben herstellen und in der Gemeinde verteilen.
- Wir möchten zu regelmäßigen Treffen mit dem Seniorenheim und den Kindergärten im Schulgarten einladen und ein generationenübergreifenden Stammtisch zu Umweltthemen ins Leben rufen.
- Wir möchten einen Barfußpfad auf der Sinnesinsel im Kurpark erschaffen.
- Wir möchten einen Saisonkalender für Obst und Gemüse erstellen, um den Verkauf von saisonalen (und regionalen) Produkten zu steigern.
- Wir möchten Baumpatenschaften anbieten und Brachen im Stadtteil aufräumen und pflegen.
- Wir möchten eine Naturschutz-Kolumne mit dem hiesigem Wochenblatt und Aushänge in öffentlichen Einrichtungen und dem Einzelhandel realisieren.
Dass die Wurzelwerkstatt ihre Ziele auch erreichen kann, wenn man sie lässt, wurde bereits in der Kürze ihres Bestehens eindrücklich unter Beweis gestellt und dass ihre Projekte Früchte tragen steht außer Frage. Die Wurzelwerkstatt steht ein für Bildung, Naturschutz und Gemeinschaft.